Nähe und Distanz

Führungskräfte befinden sich immer wieder in eigenen Konflikten. Auf der einen Seite, sollen sie allte Mitarbeiter gleich und fair behandeln. Auf der anderen Seite, sollen Sie aber verständnisvoll sein und auf individuelle Schicksale eingehen. Sie sollen wirtschaftlich denken und entscheiden , aber den Mitarbeiter nie aus den Augen verlieren. Und genauso kämpft ein Chef auch immer mit der richtigen Distanz gegenüber seinen Mitarbeitern.

Machen Sie doch mal eine Abfrage, was Ihre Mitarbeiter von Ihnen erwarten. Folgende Punkte werden sicherlich am Ende auf der Flipchart stehen:Das sollen sie laut Ihrer Mitarbeiter sein:
Fair, Kompetent, Konsequent, durchsetzungsstark, verständnisvoll, Unternehmer, zielstrebig, streng, entspannt, sollen den Überblick behalten, erreichbar, offen, usw…

Aus diesen Erwartungen ergeben sich schnell folgende Rollen:
Vorgesetzter, Coach, Freund, Unternehmer, Zuhörer und manchmal auch eine Art Vater-oder Mutterrolle

Doch ist das überhaupt zu bewerkstelligen? Und sollten Sie jetzt Ihre Mitarbeitern duzen oder besser siezen? Sind sie noch Führungsstark, wenn sie mit Ihren Mitarbeitern einen trinken gehen?

Auch mir fiel es anfangs schwer die richtige Mischung zu finden. Und das ist völlig normal. Mit 24 übernahme ich mein erstes Team mit ca. 30 Leuten. Und ja, ich war der jüngste. Also erstmal auf Distanz. Gar nicht so viel von mir selbst erzählt und preisgegeben. Doch es war schwierig auf eine Wellenlänge mit meinen Mitarbeitern zu kommen. Natürlich führte ich viele Gespräche um sie kennenzulernen. Doch um Sie zu verstehen, muss ich mich mit Ihnen beschäftigen. Erst wenn ich Ihr Umfeld kenne und weiß wie sie Leben, dann kann ich Sie verstehen und vor allem individuell motivieren.

Doch auch hier ist vorsicht geboten. Mitarbeiter können auch wie kleine Kinder sein und versuchen grenzen auszutesten. Ob bewusst oder unbewusst ist völlig egal. Und umso stärker sie als Führungskraft sind, umso mehr wollen Ihre Mitarbeiter eine schwäche rausfinden. Denn dann meinen Mitarbeiter, sind sie in Konfliktsituationen Handlungsfähig.

Also ging es mir nicht anders: Marcus wir müssen unbedingt mal einen trinken gehen. Wir gehen alle feiern, bist du dabei? Also was tun?

Es gibt hier kein Pauschalrezept. Eins müssen Sie jedoch wissen und erkennen. Mitarbeiter können und werden am Ende knallhart sein und es fällt Ihnen schwer Ihren Ausrutscher auszublenden. Wenn Sie dann irgendwann betrunken auf der Weihnachtsfeier einschlafen (ist mir zum Glück nicht passiert) dann bröckelt Ihr kompetentes und starkes Bild. Gerade was das Thema Feiern und Alkohol feiern angeht, sollten Sie vorsichtig sein. Ein richtig guter Chef von mir sagte mal: Man kann auf solchen Veranstaltungen nicht viel gewinnen, aber viel verlieren.“ Und damit hat er vollkommen recht.

Deswegen wenn Sie mit Ihren Mitarbeitern feiern gehen, dann verzichten Sie auf berufliche Gespräche. Halten Sie sich zurück und hören Sie zu.Genießen Sie den abend, aber nach dem dritten Bier sollte dann auch Schluss sein. Alles was dann kommt, wird sie nicht zu einem besseren Chef machen.

Ich zum Beispiel hatte mit meinem ersten tollen Team wahnsinns Erfolge und es war klar, wenn ich es mal verlasse, dann wird gefeiert. Und ja, das haben wir. Und wir haben als Freunde und nicht mehr als Chef und Mitarbeiter gefeiert. Sie können sich vielleicht vorstellen, dass es nicht nur bei einem Bier und einem netten Beisammensein blieb.

Doch nach ca. 1 Jahr musste ich als Feuerwehrmann wieder zurück und durfte dieses Team nochmal betreuen. Und ja, dank dieser Feier und diesem Jahr, war es eine andere Zusammenarbeit. Doch was tun, wenn Sie mal die Zügel haben schleifen lassen, oder Ihnen etwas unangenehmes passiert ist?

Hier kann ich Ihnen nur eine Empfehlung geben. Denn es kommt am Ende eh alles raus. Also zeigen sie Stärke und stehen sie dazu. Wir alle sind menschlich. Dazu können Sie stehen.
Auch ich habe zugegeben, dass mich meiner Mitarbeiter anders kennengelernt haben und wir ein anderes Verhältnis haben, als zu Beginn unserer Zusammenarbeit. Also wenn Sie Bedenken haben und mir etwas vorwerfen wollen, dann jetzt. Zählen Sie ruhig Ihre Verfehlungen auf und stehen zu diesen. Wenn es Ihnen z.B. mal passiert, dass Sie einem Mitarbeiter oder einer Mitarbeiterin zu Nahe gekommen sind, dann stehen Sie dazu. Es wissen doch eh schon alle. Seien sie stark und stehen sie zu sich und Ihren Entscheidungen.

Der Schlüssel zu einem ausgewogenem Verhältnis zwischen Nähe und Distanz ist ein ehrliches und konsequentes Beziehungs- und Wertemanagement. Das heißt: Führungskräfte müssen in der Lage sein, sich gefühls- und beziehungsmäßig auf Situationen und Menschen einzustellen und die angemessenen Emotionen bei den Mitarbeitern und auch sich selbst zu wecken.

Das Dilemma mit dem Du und dem Sie?

Immer wieder kommt es in Seminaren zu Diskussionen, was besser ist. Du oder Sie? Ich habe mal bei einem sehr erfolgreichen Lebensmitteleinzelhändler gearbeitet. Das Sie war gesetzt. Für mich war es etwas ungewohnt, da ich aus einem englischen Unternehmen kam und wir uns natürlich alle dutzten.Doch irgendwann kam eine Anweisung von Oben, dass wir ein modernes Unternehmen sind und ab sofort gedutzt wird. Für mich war dieses Schauspiel herrlich, denn: Es brach das absolute Chaos aus. Wochenlange heftige Diskussionen folgten. Sowohl Führungskräfte noch Mitarbeiter wussten nicht damit umzugehen. Dabei kann ich Ihnen nur 2 Dinge mitgeben.